Um Sie in Ihrer individuellen Kalkulation mit einem Berechnungsmodell zu unterstützen, wurden modellhafte – und damit fiktive – Annahmen zu Kosten getroffen. Selbstverständlich können diese Kostenannahmen im konkreten Fall abweichen und sind dementsprechend durch passende Beträge zu ersetzen. Gerade Grund-stücks- oder Mietpreise zeigen bundesweit große Unterschiede und unterliegen auch zeitlichen bzw. markt-abhängigen Schwankungen.
Die im Folgenden angegebenen Planungsparameter für Gebäudekosten gelten sowohl für eine PVE an einem Standort (Primärversorgungszentrum, PVZ), als auch für ein Primärversorgungsnetzwerk (PVN). Für ein PVN werden bestehende Ärztinnen/Ärzte allerdings zumeist ihre bereits vorhandene Ordination verwenden. Das bedeutet, dass Gründungs-/Investitionskosten eines PVN aus einer Anschaffung eines Gebäudes nur dann anfallen werden, wenn neue Räumlichkeiten notwendig sein werden – z.B. wegen einer Erweiterung der Zusammenarbeit um weitere Gesundheitsberufe oder Zusatzräumlichkeiten für die Verwaltung der PVE.
Ein PVN weist meist mehr Raumbedarf als ein PVZ auf, da Synergieeffekte, wie z.B. gemeinsame Bereiche für Anmeldung, Wartezimmer oder Sozialraum, nicht genutzt werden können.
Der Flächenbedarf bzw. die Anzahl und Ausstattung der Räume einer PVE sind davon abhängig, welches Leistungsspektrum geplant bzw. im Versorgungskonzept festgelegt wurde. Der Raumbedarf und somit die Größe einer PVE sind sehr individuell. Untenstehend finden Sie Planungsparameter und Kostenrichtwerte für den Neubau einer PVE, abhängig vom Umfang und Aufwand der Bautätigkeiten. Auch für den Umbau bestehender Räumlichkeiten dienen diese Richtwerte.
Für die Anzahl der Räume wird die Annahme getroffen, dass für Ordinationen 2 Räume pro Ärztin/Arzt bereitgestellt werden. Für Gesundheitsberufe soll jeweils 1 Raum eingeplant werden. Als Beispiel können 2 verschiedene Typen von PVE (siehe untenstehende Tabelle) herangezogen werden. Beispiel 1 ist als eine PVE mit 3 Ärztinnen/Ärzten (VZÄ) und 5 VZÄ für Pflege und weitere Gesundheitsberufe konzipiert. Beispiel 2 stellt eine größere PVE mit 6 Ärztinnen/Ärzten Vollzeitäquivalenten (VZÄ) und 8 VZÄ für Pflege und weitere Gesundheitsberufe dar.
Beispiel 1 | Beispiel 2 | |
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Anzahl Ordinationen (2 Räume pro Ärztin/Arzt) | 6 | 12 |
Anzahl Räume für Gesundheitsberufe | 5 | 8 |
Gesamtfläche in m² | 400 m² | 685 m² |
Beispielannahmen Raumprogramm
Besteht für eine Neuerrichtung einer PVE ein Grundstücksbedarf, so kann man in der Bedarfsabschätzung zwischen eingeschossigen und mehrgeschossigen geplanten Gebäuden unterscheiden. Der Bedarf weist bei einer durchschnittlichen beispielhaften Gesamtfläche von ca. 400 m² (Beispiel 1) einen eingeschossigen Bedarf inkl. Stellplätzen für PKW von ca. 1.550 m² auf. Bei mehrgeschossigen Gebäuden beträgt der Bedarf 1.152 m². Die Grundstückspreise unterscheiden sich je Lage in Österreich sehr stark, ein Richtwert von durchschnittlichen Kosten pro m² in Österreich liegt ca. bei 380,- Euro.
Folgende durchschnittliche Kosten pro m² Bruttogeschossfläche (BGF) können bei der Neuerrichtung bzw. bei Umbau einer PVE in der Planung als Orientierungswerte herangezogen werden:
Bauwerkskosten (Rohbau, Technik, Ausbau) | ca. 1.770,- Euro/m² BGF |
Aufschließung | ca. 56,- Euro/m² BGF |
Praxiseinrichtung inkl. IT und Medizintechnik | ca. 280,- Euro/m² BGF |
Außenanlagen (Parkplätze) | ca. 114,- Euro/m² BGF |
Honorare, Nebenkosten, 10% Reserve | ca. 690,- Euro/m² BGF |
Kosten Neuerrichtung Gebäude PVE [1] ohne Ust. Bei diesen Gesamtkosten sind keine Förderungen berücksichtigt.
Alternativ zu einer Gebäudeerrichtung und Selbstnutzung der Räumlichkeiten im Eigentum kann die Fläche auch gemietet werden. Der geplante m²-Mietpreis muss in der Kalkulation des Finanzplans jedenfalls auf Ihren konkreten Standort angepasst werden, standortabhängige Zu- bzw. Abschläge sind zu berücksichtigen.
Zusätzlich zu den Mietkosten ist zu berücksichtigen, dass jedenfalls Adaptierungsarbeiten und damit bauliche Investitionskosten in die Räumlichkeiten notwendig sein werden, um eine
für eine PVE herzustellen. Diese baulichen Umbauinvestitionen sind abhängig von den Gegebenheiten des Mietobjektes und müssen daher im Einzelfall analysiert und kalkuliert werden. Oftmals werden derartige Kosten für Adaptierungsarbeiten teilweise von der Vermieterin/vom Vermieter getragen, dementsprechend empfiehlt es sich, rechtzeitig mit der Vermieterin/dem Vermieter in Kontakt zu treten.
Generell ist es sehr wichtig, den Flächenbedarf nicht zu überschätzen und damit zu hohe Gebäudekosten, die zu den laufenden Fixkosten einer PVE zu zählen sind, zu generieren. Ein zu hoch eingeschätzter Flächenbedarf einer neuerrichteten PVE führt einerseits zu höheren Investitionskosten und damit – je nach Finanzierung – zu höheren Kreditraten und damit Rückzahlungsraten (Annuitäten). Andererseits im Falle eines Mietgebäudes führt ein zu hoch eingestufter Flächenbedarf zu vermehrter Mietkosten. In beiden Fällen kommt es zu höheren Raumkosten d.h. vermehrten Kosten für Strom/Gas/Heizung, Betriebskosten etc.
Dies zu beachten, ist von großer Wichtigkeit, da die Kosten für den Flächenbedarf sind nicht variabel bzw. leistungsabhängig sind, d.h. nicht abhängig vom PatientInnenaufkommen, der Auslastung etc., sondern als Fixkosten laufend anfallen.
Die Rechtsberatungskosten im Zuge der Gründung einer PVE können wie folgt eingeschätzt werden:
Vertragserrichtungskosten sowie | EUR | |
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GmbH | Gebühren für Firmenbucheintragung, Notarkosten etc. | 6.000 |
Verein | Anmeldegebühren etc. | 3.800 |
OG | Gebühren für Firmenbucheintragung, Notarkosten etc. | 5.300 |
Genossenschaft | Gebühren für Firmenbucheintragung, Notarkosten etc. | 5.400 |
Vertragserrichtungskosten
Die Kosten können, insbesondere bei der Rechtsberatung und der Vertragserrichtung, im Einzelfall variieren. Die obige Einschätzung berücksichtigt, dass gewisse Vorkenntnisse und Informationen durch die Gründungs-initiative vorhanden sein werden bzw. Vertragsentwürfe bereits verwendet werden können. Die Kosten beinhalten 20 % Umsatzsteuer. Erfolgt die Gründung der PVE unter Inanspruchnahme von Umgründungen (z.B. Einbringungen von Betrieben oder Mitunternehmeranteilen, Zusammenschluss zu einer OG etc.), so sind zusätz liche Rechtsberatungskosten anzusetzen.
Es wird empfohlen, im Gründungsprozess eine Steuerberaterin/einen Steuerberater beizuziehen und daher für diese Leistungen Beratungshonorare zu berücksichtigen. Erfolgt die Gründung durch einen Zusammenschluss mit bereits bestehenden Kassenordinationen, so ist für die Erstellung der Umgründungsbilanzen jedenfalls eine Übergangsgewinnermittlung durchzuführen, wobei in der Folge dann wieder die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung als Gewinnermittlungsvorschrift angewendet werden kann.
Die neue PVE ist auch bei Behörden anzumelden – wie z.B. dem Finanzamt, der Sozialversicherung für die An- und Ummeldung von Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern, der Gemeinde etc. Diese Tätigkeiten übernimmt für gewöhnlich die Steuerberaterin/der Steuerberater bzw. die Lohnverrechnerin/der Lohnverrechner der PVE.
Die Tätigkeit der PVE führt zu Einnahmen, sobald die ersten Kassenhonorare aus dem Primärversorgungsvertrag von den Kassen bezahlt werden. Dies kann bis zu 3–4 Monaten ab Erbringung der Leistungen aus dem Primärversorgungsvertrag dauern. Daher sind sämtliche Kosten, die für den Betrieb der PVE notwendig sind (ggf. Investitionskosten und laufende Kosten, siehe Details dazu Kapitel 2.3.2), für diesen Zeitraum vorzufinanzieren.
Die Vorfinanzierung kann im Rahmen eines Kontokorrentkredits erfolgen. Sie können auch bei der ÖGK um eine Anschubfinanzierung ersuchen.
Abhängig von der gewählten Rechtsform ist die PVE mit folgendem Mindesteigenkapital auszustatten:
Mindesteigenkapital | |
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GmbH: | Mindest-Stammkapital EUR 35.000, davon die Hälfte bar einzuzahlen Bei Inanspruchnahme der Gründungsprivilegierung für einen Zeitraum von 10 Jahren Mindest-Stammkapital von EUR 10.000, davon die Hälfte bar einzuzahlen |
Verein, Genossenschaft: | keine Eigenkapitalausstattung notwendig |
OG: |
|
Mindesteigenkapital
[1] Quelle: SOLVE; Arch. Zesch